Anti--Doping zur Vorbereitung

Anti-Doping 4.0 für sauberen Sport

Anti-Doping-TestDoping bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro? Auch diesmal wird es wieder eine für die Zuseher nahezu unsichtbare, aber große Rolle spielen. Deutsche Sportler stöhnen jetzt schon. Die Vorschriften der nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) sind strikt: Rund um die Uhr und sieben Tage die Woche dürfen Kontrolleure deutschen Topathleten Blut- und Urinproben abnehmen. Dazu müssen sie stets Bescheid wissen, wo sich die Sportler befinden. Diese und noch wesentlich mehr personenbezogenen Daten landen alle in einer gemeinsamen Datenbank. Privatsphäre und Datenschutz werden dabei allerdings vernachlässigt.

Wenn Kontrolleure ausschwärmen

Die Marathonzwillinge, Anna und Lisa Hahner, kennen die Vorgehensweise der NADA: Auf ihrer Homepage beschreiben sie eine typische Doping-Kontrolle: „Eigentlich ist das Testzeitfenster zwischen 6 Uhr morgens und 23 Uhr abends. Eigentlich.“ Getestet wurde um halb eins in der Nacht. Abhängig von den Umständen kann eine Kontrolle dann von 20 Minuten bis zu vier Stunden dauern. Es spielt keine Rolle, ob der Sportler gerade vor einem wichtigen Wettkampf steht und den Schlaf dringend benötigt. Bei 14.000 Tests pro Jahr muss jeder Topsportler ständig zu erreichen sein. Allein schon beim zweiten Versäumnis (missed test) verhängt die NADA eine Sperre von drei Monaten.

Privatsphäre hält die Kontrolleure nicht davon ab, ihre Tests durchzuführen. Sie bekommen jederzeit Zutritt zur privaten Wohnung, wie Deutschlands bester Langstreckenläufer, Arne Gabius, berichtet; zudem sind sie ununterbrochen an der Seite des Sportlers bis dieser eine Urinprobe abgeben kann. Sie untersuchen Unterwäsche, Kleidung, den Körper. Gabius redet im Zusammenhang von „Auflagen, die selbst vorzeitig entlassene Straftäter auf Bewährung nicht kennen.“ Auch er muss, wie jeder deutsche Hochleistungssportler Aufenthaltsort und den Wohnort von Familien und Freunden an das System der Doping-Kontrolleure melden. Die ständigen Meldepflichten und Untersuchungen machen aus den Athleten gläserne Menschen.

Deutsche Leistungssportler unterwerfen sich mit dem Anti-Doping-Kontrollprozess der NADA einem System, das führende Datenschützer als intransparent und unverhältnismäßig ansehen. Zudem dürfte es nicht mit dem deutschen Datenschutzrecht vereinbar sein. Deshalb fordern die Datenschützer Nachbesserungen. Trotz der fehlenden Datensicherheit und der oft unangenehmen Kontrollen gibt es nicht viele Spitzensportler, die sich gegen die Maßnahmen für einen sauberen Sport wehren – oder gegen die Aktivität der NADA. Sie wünschen sich nur eine datenschutzgerechtere Ausführung.

PARADISE: Anti-Doping-Kontrolle 4.0

Das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt „Privacy-enhancing And Reliable Anti-Doping Integrated Service Environment (PARADISE)” soll da Abhilfe schaffen. Es verfolgt das Ziel, die persönlichen Daten der Sportler zu schützen und die Anti-Doping-Kontrollprozesse zu vereinfachen. Ein Konsortium aus

  • den Fraunhofer-Instituten für Angewandte und Integrierte Sicherheit (AISEC) und für Angewandte Informationstechnik (FIT),
  • dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD),
  • der Technischen Universität Berlin,
  • der Gesellschaft für Kommunikation und Kooperation (gekko gmbh),
  • des IT-Sicherheitsdienstleisters Uniscon

will eine auf den konkreten Kontrollvorgang limitierte, gleichzeitig aber sehr präzise, dynamische Lokalisierung der Top-Athleten erreichen. Bevor ein Kontrolleur aber auf die vom Athleten bereitgestellte Information zugreifen kann, bekommt er die Zugriffsrechte – und zwar durch zwei Autorisierungen: eine durch die NADA und eine durch den jeweiligen Sportler. Damit letzterer sicher sein kann, dass seine Daten vor unbefugtem Zugriff geschützt sind, werde „die Kontrollergebnisse in der Sealed Cloud abgespeichert“ – einer Infrastruktur, die den Inhalt der Prozessdaten selbst vor den Betreibern der Infrastruktur rechtssicher verwahrt.

Um welche Daten geht es genau?

Drei Monate im Voraus, also im Fall der Olympischen Sommerspiele 2016 seit Anfang Mai, führen die deutschen Sportler ein Online-Tagebuch darüber,

  • wann und wo sie genau anzutreffen sein werden,
  • wie ihr Trainingsplan aussieht
  • welche privaten und beruflichen Termine anstehen

Diese Daten sollen bei PARADISE so optimiert sein, dass die Kontrolleure die Sportler schnell und punktgenau finden können. Wichtig sei dabei aber laut der Projektleitung, dass nicht irgendwelche unautorisierten Parteien unverhältnismäßig viele Daten der Sportler einsehen können.

Was allen Beteiligten klar sein dürfte: Anti-Doping-Kontrollen und Digitalisierung geht nur mit besseren Datenschutz! Zurzeit werde aber „in Persönlichkeitsrechte von Athleten derart eingegriffen, dass für mich eine Grenze erreicht ist“, befindet der renommierte Sportrechtler, Michael Lehner. Die Kanutin Carolin Leonhardt drückt es der Tageszeitung Die Welt gegenüber direkter aus: „Was man sich alles gefallen lassen muss, ist schon abartig. Da darf man nicht zimperlich sein!“

Ja, schon! Anti-Doping-Kontrollen darf tatsächlich kein Sportler umgehen, wenn wir sauberen Sport wollen. Nur – Persönlichkeitsrechte von Athleten gilt es trotzdem zu wahren!

 

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